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Bist du ein „getriebener“ oder ein „berufener“ Mensch?

Der amerikanische Pfarrer und Schriftsteller Gordon MacDonald hat ein sehr lesenswertes Buch geschrieben mit dem deutschen Titel „Ordne dein Leben“. Darin beschreibt er Saul als biblisches Urbild eines getriebenen Menschen. Und damit als Stammvater eines Menschentyps, der in unserer Zeit sehr häufig vorkommt. Der moderne Managertyp, der Ansehen genießt, der erfolgreich ist, aber diesen Erfolg bezahlt mit einer ständigen Ruhelosigkeit. Der Mensch, der unter ständigem Stress steht und das häufig später mit seiner Gesundheit bezahlt.

Gordon MacDonald nennt fünf Merkmale eines solchen Menschentyps:

•        Er hat keine Zeit.

•        Er kann Entwicklungen nicht abwarten, sondern muss immer gleich etwas

         unternehmen.

•        Er nimmt wenig Rücksicht auf andere. Auch das ist typisch für den getriebenen

         Menschen. Er hat kein wirkliches Interesse an Anderen, sie sind nur Mittel zum

         Zweck. Und dieser Zweck heißt: erfolgreich zu sein, selbst im Mittelpunkt zu stehen.

         Wenn das nicht gelingt, dann steht der eigene Lebenszweck in Frage, dann wird

         man aggressiv oder depressiv.

 

Weitere Merkmale getriebener Menschen sind nach Gordon Mac Donald:

•        Sie sind hochgradig abhängig von der Zustimmung anderer und darum immer

         wieder bereit, den Standpunkt zu wechseln, wenn sie damit mehr Erfolg haben.

         Statussymbole sind wichtig. Der Titel, den man hat, das Eigentum da man besitzt.

         Mein Haus, mein Boot, mein Auto, die Privilegien, die einen von der „normalen“

         Menschheit trennen. Das macht ihren Wert aus. Wobei der Schein oft wichtiger ist

         als das Sein. Es geht nicht nur darum, Erfolg zu haben, die Anderen müssen es     

         auch erfahren. Publicity ist wichtig. Manchmal bleibt dabei die moralische Integrität

         auf der Strecke.

•        Eine getriebene Person ist niemals zufrieden mit dem, was sie hat, und immer auf

         Expansion, auf Verbesserung, Leistungssteigerung aus. Es reicht nicht, gut zu sein,

         man muss der Beste sein. Symptomatisch dafür ist der moderne Begriff

         „suboptimal“: alles, was nicht optimal ist, nicht das Beste ist, ist nicht gut genug.

 

Soweit Gordon MacDonalds Beschreibung des „getriebenen Menschen“.

Nun fallen uns wahrscheinlich Menschen ein, auf die diese Beschreibung zutrifft. Vielleicht ist sie auch typisch für unsere ganze Zeit, für unsere Gesellschaft, in der es ja auch ständig aufwärtsgehen muss (“Stagnation ist Rückschritt“).

Wichtiger ist, dass wir zunächst mal vor der eigenen Tür kehren und uns selbst fragen, wo wir Merkmale eines solchen Verhaltens zeigen. Wo wir selbst getrieben sind. Es geht um die Frage, wo wir uns das Leben selbst schwermachen, wo wir uns in einer Weise unter Druck setzen, die im klaren Gegensatz steht zu dem, was das Neue Testament über christliches Leben sagt.  „Wir werden nicht durch Werke gerecht, sondern durch den Glauben.“ Wir müssen nichts aus uns machen, sondern wir sind schon etwas, nämlich Gottes geliebte Kinder. Das eigentliche Problem des getriebenen Menschen liegt also darin, dass er nicht wirklich glaubt. Weder an Gottes Großzügigkeit noch wirklich an sich selbst glaubt. Dass er den Glauben zwar im Kopf hat im Munde führt, aber dass er nicht bis ins Herz vorgedrungen ist.

Als Beispiel eines solchen äußerlichen Glaubens nennt Gordon MacDonald sich selbst. Der erfolgreiche junge Pfarrer, der in seiner Gemeinde ausgesprochen beliebt war, dessen Terminkalender bis an den Rand gefüllt war, bis er eines Tages „gegen die Mauer lief“, wie er das nennt. Völlig zusammenbrach, nicht mehr weiterkonnte. Und spürte: Da ist alles hohl im Inneren, da ist nichts, was von innen nach außen fließt, weil das Herz voll davon ist, sondern es wird immer nur abgezapft, immer nur gefordert, und am meisten fordere ich von mir selbst. Er hat daraufhin sein Leben völlig umgestellt und gefragt: Was ist eigentlich wichtig? Wofür bin ich angetreten, als ich Pastor wurde? Was ist mein Glaube? Und er hat daraufhin sehr viele Verpflichtungen abgelegt, die ihm zweitrangig erschienen. Er hat natürlich auch Menschen verloren dadurch, dass er nicht bei jeder Idee mitmachte. Am Ende gab es aber mehr, die ihm zuhörten, als vorher. Denn nun hatte er ja wirklich etwas zu sagen, was von innen herkam.

Was ist nun die Alternative? Das Gegenteil eines getriebenen Menschen ist für den Autor der berufene Mensch. Auch da gibt es ein biblisches Vorbild: Johannes der Täufer, der von sich sagt: Ich bin nicht der Christus. Ich bin nicht der, der alle Probleme löst. Johannes, der wie auf dem Altarbild von Grünewald mit dem Finger auf Christus zeigt und sagt: Er muss wachsen, ich muss abnehmen. Der also nicht sich selbst in den Mittelpunkt stellt, sondern die Sache, für die er eintritt, seinen Glauben.

Kennzeichen von berufenen Menschen sind:

Zunächst einmal eine realistische Selbsteinschätzung. Sie kennen ihre Möglichkeiten, aber sie wissen auch um ihre Grenzen. ”Ich bin nicht der Christus“.

 

Berufene Menschen

•        können Schwächen zugeben. Gerade damit geben sie anderen die Möglichkeit, ihre

         Stärken einzubringen.

•        Sie sind teamfähig und haben ein Auge für ihre Mitmenschen.

•        Berufene Menschen haben eine klare Zielvorstellung, die nicht vom Beifall oder von          der Kritik anderer Menschen abhängig ist. Sie sind damit weniger anfällig für den          Zeitgeist, sie denken selbständig.

•        Sie verstehen Fehlschläge nicht als persönliche Kränkung, sondern als eine  Chance dazuzulernen. Sie finden dadurch immer wieder die Kraft für einen             

         Neuanfang.

Sind wir nun getriebene Menschen oder berufene? Wahrscheinlich sind wir beides, haben Anteile von beiden Verhaltensweisen in uns. Aber das Gute ist: wir können ja immer noch dazulernen und vom Saul zum Johannes werden.


Detlef Wilhelm

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